Kapitel IV

Der Weg zurück zu Gott

In den Veden und anderen Heiligen Schriften steht, dass der nach Gott Strebende die Führung durch einen Wirklichen Meister suchen muss. Außer den geladenen Namen gibt der Meister auch noch eine tatsächliche Verbindung mit der Göttlichen Kraft. Da erhebt sich nun die Frage, wie man zu dieser Kompetenten Führung kommen kann.

Soami Ji heißt uns, dem Meister zu dienen. Man kann Ihm auf vielen Wegen dienen, körperlich, finanziell, mit dem Verstand und spirituell. Man sollte ein keusches und reines Leben führen. Lasst euren Körper immer in selbstlosem Dienst tätig sein. Dies ist leibliches Dienen. Einen Teil des Einkommens sollte man für wohltätige Zwecke geben. Das wäre finanzieller Dienst. Nach Erfüllung der familiären Bedürfnisse müsst ihr einen Teil eures Verdienstes im Namen Gottes beiseite legen. Hier handelt es sich um eine Pflicht, die man nicht vernachlässigen darf. Dienst mit Herz und Verstand findet seinen Ausdruck in der Liebe für alle, indem wir keinen hassen und uns an die Wahrheit halten. Der Dienst der Seele ist von höchster Bedeutung. Um dies zu vollbringen muss man sich über das Körperbewusstsein erheben und das Innere Auge öffnen.

Ein Meister braucht unsere Dienste nicht im herkömmlichen Sinn. Wenn wir nur Seinen Geboten folgen, unser Leben rein erhalten, dann dienen wir nicht nur dem Meister, sondern unserem eigenen Selbst.

Der Meister liebt jene am meisten, die ihren eigenen Seelen dienen und ein gottesfürchtiges Leben führen. So ermahnt uns also Soami Ji, uns die Gesinnung des Dienens zu eigen zu machen und von sinnlichen Wünschen abzustehen.

In der Sinnlichkeit sind alle Begierden mit eingeschlossen. Es ist deshalb wesentlich, an der Keuschheit festzuhalten.

So wie Licht und Finsternis nicht gleichzeitig sein können, sind auch das Wort und sinnliche Begierden unvereinbar. Aus diesem Grunde ist Keuschheit zu beachten. Verheiratete aber brauchen nicht zu verzweifeln. Sie sollten ein diszipliniertes Leben führen in Übereinstimmung mit den Heiligen Schriften, die ehelichen Beziehungen nur zum Zweck der Zeugung erlauben. 

Die meisten Heiligen oder Großen Seelen, Mahatmas waren Familienväter und erfüllten Ihre familiären Verpflichtungen. Hazur, Sawan Singh, sagte, dass jene, die ihre Kinder rein und keusch erziehen wollen, selbst so sein sollten. Kinder neigen dazu, es ihren Eltern gleichzutun.

Soami Ji verlangt also von uns dreierlei, wenn wir uns über das Körperbewusstsein erheben und Verbindung mit Naam erlangen wollen: Simran zu üben, dem Meister zu dienen und ein reines Leben zu führen.

Weiter sagt Soami Ji, dass man einen Vorgeschmack vom Göttlichen Nektar nur dann mit Hilfe eines Meisters bekommen kann, wenn man Gemüt und sinnliche Wünsche beherrschen gelernt hat. 

Gegenwärtig ergießt sich die Seele durch die Sinne nach außen. Bezähmt eure Sinne und festigt euer Gemüt. Dann werdet ihr wissen, wer ihr seid. Erst wenn ihr euch selbst erkannt habt, kann sich die Frage nach der Erkenntnis des Überselbst ergeben. Jene, die ihre Sinne beherrschen, können sich selbst befreien vom feindlichen Einfluss der Gier, des Ärgers, des Geizes, des Verhaftetseins und der Eitelkeit.

Diese fünf Todfeinde greifen uns durch die fünf Sinne an. Ihr könnt diesen verhängnisvollen Angriffen nur entrinnen durch das Erheben über das Körperbewusstsein.

Die Upanishaden stellen fest:

Die Seele fährt im Wagen des Körpers, getrieben durch die Sinnes-Pferde, mit den Zügeln des Gemüts und mit dem Verstand als Fahrer, in die Arena sinnlicher Vergnügungen.

Mit Nachdruck weist Soami Ji auf die Notwendigkeit hin, Sinne und Gemüt zu beherrschen. Ist dies geschehen und die Seele erhebt sich über das Körperbewusstsein, dann entbietet der Meister im Innern den Göttlichen Heiltrank von Naam. 

Sind nun diese Lehren für irgendeine besondere Religionsgemeinschaft gedacht? Die Lehren aller Großen Seelen sind für die gesamte Menschheit und nicht für die Anhänger irgendeiner besonderen Religion.

Hazur pflegte zu sagen:

Geh zu dem Tor, wo – erfüllt von Mitleid und Barmherzigkeit – der Satguru wartet, dich in Empfang zu nehmen.

Welches Tor ist damit gemeint?

Es ist das Tor in der Mitte und hinter den beiden Augenbrauen. Wenn die Seele einmal die Gelegenheit bekommt, das Elixier von Naam zu kosten, dann hat sie einen Ausgangspunkt für ihre Spirituelle Reise zum endgültigen Bestimmungsort gewonnen. Außerdem befreit dies vom Netzwerk des Gemüts.

Auf dem Spirituellen Pfad ist das Gemüt ein gewaltiges Hindernis. Immer ist die ganze Welt sein Opfer gewesen. Sogar Mahatmas und Rishis, große Seelen der Vergangenheit, die verschiedene Methoden anwandten, das Gemüt zu überwachen, unterlagen in irgendeinem Stadium seiner mächtigen Einwirkung. Umso mehr müssen wir das Gemüt überwachen. 

Aber wie? 

Es kann nicht kontrolliert werden durch äußeres Streben, wie zum Beispiel aus den Heiligen Schriften lernen oder sie studieren. Wird es auch eine Zeit lang gezügelt, entzieht es sich doch wieder der Überwachung, denn es ist immer hinter sinnlichen Vergnügungen her. 

Hauptsächlich gibt es zwei Verlockungen für das Gemüt: schöne Dinge anzusehen und auf liebliche Melodien zu hören. Im gleichen Augenblick, in dem ihr melodische Musik hört, wird eure Aufmerksamkeit auf sie gelenkt.

Der einzige Weg, das Gemüt in den Griff zu bekommen ist, es mit Naam zu verbinden, das diese beiden Anziehungspunkte aufweist. Innerhalb der verschiedenen Spirituellen Ebenen hat man wundervolle Augenblicke und hört bezaubernde Melodien. Wenn das Gemüt innen faszinierendere Erfahrungen macht als außen, wird es automatisch bezwungen. Folglich wird man erst wunsch- und begierdelos, wenn man eine Verbindung mit Naam herstellt. 

Nach einem Gleichnis sprang einst Lord Krishna in den Yamuna-Strom, in dem eine tausendköpfige Kobra lebte.

Er vollführte einen Tanz auf ihren Köpfen zu den Klängen seiner Lieblingsflöte und bändigte damit die Tod bringende Schlange. Was ist mit diesem Gleichnis gemeint? Die tausendköpfige Kobra ist das Gemüt. Dieses vergiftet uns auf unzählige Weisen. Kommen wir in Einklang mit dem Inneren Himmlischen Tonstrom, kann das Gemüt besiegt werden. Es gibt kein anderes Mittel.

Ein Moslem-Mystiker sagte, wenn man fest entschlossen sei, Gott zu erreichen, trete man mit dem ersten Schritt auf das Gemüt, mit dem zweiten wird man dann Gottes Thron erreichen.

Soami Ji rät, unser Zaudern aufzugeben und unverzüglich mit der Meditation zu beginnen. Sahaj-Yoga, der durch die Heiligen gewiesene Pfad, hat drei Aspekte:

Simran, Meditation und das Ergreifen des Himmlischen Tonstroms.

Simran erhebt die Seele über das Körperbewusstsein. Wenn dies einmal geschehen ist, wird durch Meditation oder Versenkung – mit hingebungsvoller Aufmerksamkeit geübt – ein Ruhepunkt für ihr Bleiben geschaffen, bis sie den Himmlischen Tonstrom erfasst und ihm lauscht.

Shamas-i-Tabrez sagt:

Jeden Augenblick ruft ein Göttlicher Ton meine Seele, zum Herrn zu kommen.

Tulsi Sahib sagt ebenfalls:

Lausche mit gespannter Aufmerksamkeit im Bogengang der wirklichen Kaaba (Körper) und du wirst einen Ruf vom Jenseits hören.

Dieser Körper ist Gottes Tempel und die Stirn der Bogengang des von Tulsi Sahib beschriebenen Tempels. Aufschub ist der Dieb der Zeit. Wir neigen dazu, die Meditation durch den einen oder anderen Vorwand hinauszuschieben. Beginnen wir sogleich mit dem Meditieren, so dass wir aus dem sterblichen Körper herausgehen können.

Am Ende muss der Körper ja doch zurückgelassen werden. Wenn wir lernen, ihn während des Lebens zu verlassen, kann der Tod uns nicht beunruhigen. Wir werden dann sorgenfrei sein.

Soami Ji sagt, einzig der Satguru ist imstande, die Seele über das Körperbewusstsein zu heben. Bittet deshalb mit jedem Atemzug um die Gnade eines Wahren Meisters. Ich habe bereits über die Wirksamkeit von Simran gesprochen. Er bringt die Seele über das Körperbewusstsein. Ein anderer, aber gleich wichtiger Punkt ist, dass die Seele jetzt dem Körper verhaftet ist.

Ohne die Hilfe eines Kompetenten Meisters mit Seiner Gedankenübertragung durch persönliche Aufmerksamkeit kann die Seele weder vom Körper getrennt, noch über das Körperbewusstsein erhoben werden. Hier liegt die Größe und Wichtigkeit eines Satguru. Prüfen wir die Echtheit eines Gurus sachlich, so besteht diese darin, dass Er fähig ist, die Seele zu ihrem eigentlichen Sitz zu erheben. Deshalb müssen wir Seine Gnade und Hilfe erbitten. Alle Großen Seelen baten gleicherweise darum.

Maulana Rumi bestätigt das durch Seine Frage:

Wer ist fähig, die Menschheit aus diesem mysteriösen Irrgarten (Welt) zu befreien?

Nur ein Prophet oder ein Meister, Der beauftragt ist, dies zu tun.

Deshalb müssen wir die Hilfe einer Verwirklichten Seele suchen; aber es muss wirklich eine Seele sein, Die Sich Selbst erkannt hat.

Wenn ein sogenannter Meister seine eigene Seele nicht über das Körperbewusstsein erheben kann, wie sollte er anderen dazu verhelfen können?

Die Verantwortlichkeit eines Kompetenten Meisters ist tatsächlich groß. Nicht nur hilft und führt Er uns in dieser Welt, sondern Er ist auch ein Lichtträger auf unserer Inneren Reise.

Soami Ji betont deshalb nachdrücklich, dass Beten zu einem Kompetenten Meister der einzige Ausweg sei. Aus Barmherzigkeit wird Er uns eine Erfahrung des Überbewusstseins vermitteln. Danach folge man Seinen Geboten, gedenke ständig Seiner von ganzem Herzen und halte sich daran, Ihm immer eifrig zu dienen.

Auch Tulsi Sahib fordert uns auf, durch den Schleier der Dunkelheit hinter den Pupillen der Augen zu sehen. Wie man das macht? Er sagt, wir sollten zu einer Seele gehen, Die Gott verwirklicht hat.

Ein solcher Meister wird uns eine Innere Erfahrung vermitteln, uns über das Körperbewusstsein heben und uns sagen, wie wir durch die Innere Dunkelheit hindurchsehen können.

Unser Inneres Auge wird also geöffnet. Alle Heiligen stimmen in diesem Punkt überein.

Soami Ji hat uns geraten, voller Liebe die Gesellschaft eines Wirklichen Meisters zu suchen. Geht dahin in liebender Hingebung, und lasst alle weltlichen Gedanken hinter euch. Ihr solltet dann nur einen Gedanken haben – den Gedanken an euren Meister. Sitzt dort, versunken in Ihm, und lauscht mit voller Aufmerksamkeit, was euch der Meister zu sagen hat.

Soami Ji erklärt nun die Wichtigkeit des Satsangs.

Er sagt:

Nehmt am Satsang mit großem Ernst teil.

Wir haben das Geheimnis von Leben und Tod zu ergründen. Erfasst, was dort gelehrt wird und nehmt es in euch auf.

Wir sind vom Glück begünstigt, wenn wir in Berührung von einem Wahren Meister kommen und durch Seine Gnade Innere Erfahrungen erhalten. Wenn wir nicht nach Seinen Angaben handeln, wird sich unser Spiritueller Fortschritt verlangsamen.

Deshalb wird so viel Nachdruck darauf gelegt, auf unnötige weltliche Dinge zu verzichten. Die eigene Spirituelle Erfahrung wird fortgesetzt wachsen, bis im Innern die Leuchtende Gestalt des Meisters erscheint. Er wird mit euch sprechen und euch führen. Während ihr die Richtige Führung durch den Meister erhaltet, widmet der Meditation hinreichend Zeit und formt euer Leben nach des Meisters Lehren.

Wir müssen zielstrebig sein, denn wir können es uns in unserem augenblicklichen Zustand nicht leisten, mit unseren Anstrengungen nachlässig zu werden, da wir uns noch über das Körperbewusstsein zu erheben haben.

Schließlich erklärt Soami Ji, was Naam, das Wort, was unser Reiseziel und unser Ideal ist. Er sagt, unser Ziel ist, unsere Seele mit Sat Naam, dem Wahren Wort zu verschmelzen, der Ewigen Namenlosen Gotteskraft. Zunächst müssen wir uns über das Körperbewusstsein erheben und das unterste Bindeglied erfassen. Nach allmählichem Überschreiten der verschiedenen höheren Ebenen wird die Seele endlich dort hingelangen, wo nichts als Wahrheit ist.

Die drei Regionen – die elementare, die feinstoffliche und die kausale – sind zerstörbar. Jenseits dieser drei Ebenen befindet sich Sat Lok oder Sach Khand, welches die Wohnstatt des Allmächtigen ist.

Dies ist das Ziel, das wir erreichen müssen.

Als Jesus Christus Seine sterbliche Hülle verließ, wies Er Seine Jünger an, vor allem jenes Ziel zu erreichen, Das Er sie gelehrt hatte.

Die menschliche Geburt gewährt euch eine günstige Gelegenheit. Macht den besten Gebrauch davon.

[...] Jene, Die Sich mit dem Wort verbunden haben, Deren Mühen werden enden. Und Ihr Antlitz wird voll Glanz erstrahlen. Nicht nur werden Sie erlöst sein, o Nanak, sondern viele andere werden mit Ihnen die Freiheit finden.

Jap Ji / Schluss