Kapitel VIII

Karma – Handlung und Wirkung

Jeder Gedanke, jedes Wort und jede Tat wird im Kontobuch der Natur aufgezeichnet und muss ausgeglichen werden. Jede Ursache hat eine Wirkung und bringt eine Reaktion hervor. Beseitige die Ursache, und die Wirkung verschwindet! Es kann das Gesetz der ausgleichenden Gerechtigkeit genannt werden. Die Meister, Die jenseits dieser Gesetze stehen, haben Sich darüber erhoben und Sich Selbst vom Karma befreit. Die anderen sind durch die Bande des Karma gebunden – der Grundursache der physischen Existenz und dem klugen Plan der Natur, diese Existenz zu erhalten. Das Gesetz des Karma sieht darauf, dass uns Auge um Auge und Zahn um Zahn in Form von Freude oder Leid bezahlt wird.

Es ist eine antreibende Peitsche in der verborgenen Hand der Natur!

Das Gemüt zieht das Karma zusammen, legt eine Hülle um die Seele und regiert den Körper durch die Organe und die Sinne. Obgleich es die Seele ist, die dem Gemüt Stärke verleihen kann, hat doch das Letztere die Herrschaft ergriffen und regiert statt ihrer.

Bevor man den Sieg über die Welt erlangen kann, muss man den Sieg über das Gemüt erlangen.

Sogar fortgeschrittene Yogis und Mystiker, die in hohe Spirituelle Reiche aufsteigen können, bleiben von der Hand des Karma nicht unberührt.

Die Meister teilen das Karma in drei bestimmte Gruppen ein:

1) Sanchit, aufgespeichertes Karma:

Gute oder üble Taten, die auf unserer Rechnung stehen, sowie Geerntetes und Zusammengezogenes oder Aufgespeichertes aus allen vorhergehenden Körpern der Schöpfungsordnung, die vom Tag der ersten Lebenserscheinung auf Erden zählen.

O weh! Der Mensch weiß nichts davon, nichts von dem Umfang dieses aufgespeicherten Karmas.

2) Pralabdha, Schicksal oder höhere Fügung:

Das Ergebnis und die Wirkung von dem, was den Menschen in seinen gegenwärtigen Körper gebracht, und welches er in diesem Leben zu bezahlen hat. Die Auswirkung dieses Karma kommt zu uns unerwartet und unbemerkt – zwangsweise und wir haben keine Kontrolle darüber. Ob gut oder schlecht, wir haben dieses Karma zu dulden oder zu tragen, lachend oder weinend, wie es gerade kommt.

3) Kriyaman, laufende Rechnungen unserer Handlungen und Taten im gegenwärtigen Körper:

Dieses Karma ist von den oben genannten zwei Gruppen getrennt. Hier ist der Mensch frei, genau das zu tun, was ihm gefällt, doch innerhalb gewisser Grenzen. Begangene Taten, die unter diese Rubrik fallen, tragen wissentlich oder unwissentlich ihre Früchte. Das Ergebnis einiger dieser Taten ernten wir, bevor wir sterben und der Rest wird dem Sanchit, Vorratslager übertragen.

Karma ist die Ursache der Wiederverkörperung, und jeder Geburt folgt wieder der Tod. So bildet sich der Zyklus von Freude und Leid, Geburt und Tod.

Wie du denkst, so wirst du werden,

ist das einfache Gesetz der Natur, aufgrund dessen das Universum existiert.

Kein Maß an Unbescholtenheit, Intelligenz oder Genialität kann einen Menschen davon entbinden, solange noch die geringste Spur von Karma da ist. Unwissenheit über das Gesetz ist keine Entschuldigung, und obgleich es bei von Menschen gemachten Gesetzen unter gewissen Umständen einige Konzessionen oder Milderungen gibt, wird auf diese bei den Gesetzen der Natur keine Rücksicht genommen! Gebete, Beichte und Buße mögen zeitweilige mentale Erleichterungen verschaffen, aber sie können das Karma nicht überwinden. Alles Karma muss vollkommen ausgelöscht werden, bevor dauernde Erlösung gefunden werden kann.

Durch diese Tatsachen beunruhigt, sucht der Mensch Trost in tiefen und frommen Lehren oder, wenn er erfährt, dass sowohl die guten wie auch die üblen Taten Fesseln sind – die einen aus Gold, die anderen aus Eisen – wendet er sich der Askese zu. Verschiedene Glaubensrichtungen versprechen ihm Erlösung, doch bald merkt er, dass dies nur vorübergehend ist.

Wie alsdann, geht ein Meister an dieses Problem heran?

Zur Zeit der Initiation nimmt Er die ganze Last des Karmas von Seinem Schüler und macht ihn nur Ihm gegenüber verantwortlich und nicht den Herren des Karmas.

Als Erstes wird das Sanchit-Konto, oder das große allgemeine Konto, ausgeglichen. – Dieser Prozess ist ähnlich dem, wenn man eine Hand voll Samenkörner in eine Pfanne gibt und sie dann auf das Feuer stellt, wodurch man verursacht, dass die Körner aufplatzen und somit ihre Eigenschaft, wieder wachsen zu können, verlieren.

Nun kommt das neue Konto, oder Kriyaman, an die Reihe. Nachdem der Meister den Schüler davor gewarnt hat, irgendein neues Konto übler Taten zu eröffnen, gewährt Er ihm eine allgemeine Milderung in Hinsicht auf solche vergangene Taten, die der Schüler bis zur Zeit der Initiation teilweise abgegolten hat.

Pradlabdha oder Schicksal: Diese Karmagruppe wird durch die Meister nicht berührt, weil sie die Ursache des physischen Körpers ist, welcher infolge einer Einmischung in die Gesetze der Natur verschwinden würde. Ein sehr kleiner Teil von Karma verbleibt nun, der durch den Schüler im physischen Körper in den restlichen Lebensjahren abgetragen werden muss. Aber selbst dieser Teil wird durch die Gnade des Meisters gemildert. In Augenblicken der Bedrängnis, des Kummers und der Sorge ist der Meister unsere Zuflucht. Er wirkt ohne Rücksicht auf jede Entfernung. Gerade wie die Mutter eines kranken Kindes dieses beim Arzt schützend auf ihrem Schoß hält, damit es keinen Schmerz fühlen soll, so hält uns auch der Meister in liebevoller Umarmung.

Aus Ihrem Überfluss von Sympathie, Liebe und Güte heraus, nehmen die Heiligen zeitweise einiges von dem karmischen Leid Ihrer Schüler auf Ihre eigenen Schultern – dies geschieht durch das Gesetz der Sympathie. Für einen Schüler mit liebevollem Herzen gibt es nach dem Tode keinen Gerichtshof – für ihn ist der Meister alles in allem.

Warum nimmt ein Meister-Heiliger all dies auf Sich?

Weil Er die barmherzige Natur von Gott erbte, Der Ihn zur persönlichen Verteilung dieser Schätze der Barmherzigkeit bevollmächtigte. Deshalb wird Er wie Gott geehrt, und Sant Mat hat Bände von Büchern, die zum Lob der Meister geschrieben sind, und ebensoviele weitere Bände, die geschrieben wurden, können der Unermesslichkeit Ihrer Liebe und Güte schwerlich Gerechtigkeit widerfahren lassen.

Die Zeit wirft schwere Schatten auf den Menschen. Er hat sich sehr zu plagen, um mit ihrem Wechsel Schritt halten zu können. Er wird von seinen äußeren Bedürfnissen und Wünschen so stark in Anspruch genommen, dass er in Bezug auf Zufriedenheit, Sympathie und Liebe alles vergisst. Von den fünf tötenden Lastern – Lust, Zorn, Gier, Verhaftetsein und Eitelkeit – umgeben und in sie verstrickt, stolpert er und schreit nach Oben um Hilfe. Dadurch wird an des Himmels Barmherzigkeit gerührt und wenn es unerträglich wird, entsendet der Allmächtige Seine Hilfe durch die Meister immer verschwenderischer. Dies ist in diesem Kali-Yuga, Eisernes Zeitalter, der Fall.

Es ist allerdings sehr schwer zu glauben, dass jemand über die oben erwähnten fünf Leidenschaften erhaben sein und somit das Himmelreich während seiner Lebenszeit betreten kann. Die ganze Menschheit steht unter der Macht dieser fünf Leidenschaften. Nur ein Meister kann den Menschen aus ihren Krallen erretten. Wir alle verlangen zuverlässige Beweise, bevor wir uns selbst anvertrauen und diese werden uns durch einen Meister in Form einer Erfahrung des Lebens-Impulses oder Naam, das Wort und der Inneren Schau gegeben. Der Kontakt mit einem Meister ist wesentlich. Diejenigen, welche sich abseits halten und sich nur auf sich selbst verlassen oder auf die Tradition und auf die Priester bauen – die genauso unwissend sind wie sie selbst – berauben sich des Kontaktes mit dieser Macht und, wie man zu sagen pflegt:

Wenn der Blinde den Blinden führt, fallen beide in den Graben.

Gleichgültigkeit, Nichtannahme und Unglaube wird nicht zu unserem Vorteil sein, wenn die Natur ihren Universal-Boten, den Tod sendet. Dann ist unsere Lage wie die einer Taube, welche ihre Augen vor einer Katze schließt und nun glaubt, dass ihr diese nichts anhaben kann; aber in ein paar Sekunden ist der arme Vogel zwischen den kräftigen Kinnbacken der Katze. Dann ist es zu spät, um an ein Entkommen zu denken.

Seid wachsam, solange es noch Zeit ist!