Sri Jagivan Ram

Die wissenschaftliche Einheit
des Menschen

Diese Rede wurde von Sri Jagivan Ram, Verteidigungsminister Indiens,
am 4. Februar 1974 gehalten

Meine Freunde!

Ich möchte gerne ein paar Worte an die Delegierten aus anderen Ländern richten. Was ich gesagt habe ist, dass wenn wir über die grundlegende Einheit aller Religionen nachdenken, die Grundsätze aller Religionen dieselben oder ähnliche sind. Die grundlegenden Lehrsätze des Christentums, des Islam, des Hinduismus, des Buddhismus und des Jainismus sind mehr oder weniger dieselben, und von diesem Standpunkt aus können wir sagen, dass es eine grundlegende Einheit der ganzen Menschheit gibt. Aber was ich betonte, war die wissenschaftliche Einheit der Menschheit.

Als das Universum geschaffen wurde, wurde der Mensch als ein Wesen erschaffen, das unverändert geblieben ist. Obwohl es viele Gattungen und Arten im Pflanzen- und Tierreich gibt, bildet der Mensch nur eine einzige Gattung. Es gibt Rassen unter den Menschen – den Farbigen, den Weißen usw. – dennoch gehören sie alle zu derselben Gattung – der Gattung des Menschen, Homo sapiens. Der Brahmane und der Straßenkehrer gehören weiterhin zur selben Gattung. Verschiedene Hautfarben, Sprachen, Essgewohnheiten, Kleidungsweisen und Religionen haben diese grundlegende Tatsache nicht verändert – dass der Mensch eine Gattung ist.

Ich möchte einen Schritt weitergehen und sagen, dass der Mensch alle Eigenschaften Gottes bekommen hat – denn Gott erschuf den Menschen Ihm zum Bilde. Verborgen sind diese Eigenschaften da; aber solange der Mensch vom Satan beherrscht wird, bestehen die Unterschiede zwischen ihm und dem Allmächtigen weiter. In dem Augenblick, wo er Satan aufgibt, beginnt er, die Eigenschaften Gottes zu gewinnen; er kann allwissend, allgegenwärtig, allmächtig werden – dies entspringt nicht der Einbildung; einige Menschen haben das erreicht. Das ist mit dem Ausspruch gemeint Gott erschuf den Menschen Ihm zum Bilde. Er wird die Zeiten hindurch unverändert weiterbestehen.

Es gibt also logischerweise die Einheit der Menschheit; denn eine der wissenschaftlichen Definitionen des Begriffes Gattung besagt, dass zwischen dem männlichen und dem weiblichen Teil derselben Gattung Anziehung besteht. Es gibt keine Anziehung zwischen männlich und weiblich verschiedener Gattungen. Und wenn eine unnatürliche Anziehung besteht, nun, dann werden keine Kinder entstehen. Nachkommenschaft kann nur von dem männlichen und weiblichen Teil derselben Gattung gezeugt werden.

Es gibt also einen wissenschaftlichen Beweis, dass der Farbige und der Weiße, der Bramahne und der Harjan, der Hindu und der Moslem derselben Kaste angehören. Und ich sehe es als Beleidigung jener Großen Kraft, Die dieses Universum erschuf, an, wenn man Menschen als verschiedenen Kasten zugehörig betrachtet.

Es gibt somit eine grundlegende Einheit des Menschen vom religiösen und wissenschaftlichen Standpunkt aus. Allen Religionen gemäß sollten alle Menschen so behandelt werden, als gehörten sie derselben Familie an. Wo ist dann die Notwendigkeit, einander zu vernichten? Niemand wird seine eigenen Familienmitglieder vernichten, es sei denn, er ist vom Irrsinn befallen. So sind all jene, die große Menschenmengen ausrotten, zweifellos vom Irrsinn behaftet. Und jene Menschen, Die nichts für Sich Selbst haben – oder Sie können sagen, Denen die ganze Welt gehört, Heilige Menschen – Sie können die Irren zum Verstand bringen.

Nur durch das Nichtbeachten dieser äußerst grundlegenden Prinzipien gibt es in den verschiedenen Ländern der Welt so viel Unausgeglichenheit. Die entwickelten Länder besitzen so viel, dass sie das, was sie erzeugen, nicht alles verwenden können; sie leben im Luxus; in manchen Fällen haben sie die Grenze des Luxus erreicht; und dann gibt es eine große Zahl von Menschen, die sich die einfachsten Lebensbedürfnisse nicht erfüllen können! Wir lassen zu, dass diese Unausgeglichenheit Bitterkeit und Konflikte hervorruft und wenn man sie sich entwickeln lässt, schließlich die Zerstörung der Menschheit. Wiederum könnten die Worte dieser Weisen Menschen einen Sinn für Aufrichtigkeit unter den entwickelten Nationen, den reichen Gesellschaften, entstehen lassen, auf dass sie Maßnahmen ergreifen, die Unausgeglichenheit zwischen den Ländern zu verringern.

Ebenso gibt es innerhalb der verschiedenen Länder Entwicklungsunterschiede zwischen den Gesellschaftsschichten. Einige Teile der Bevölkerung sind reich und wohlhabend; anderen werden die Früchte ihrer Arbeit entzogen, obwohl sie hart arbeiten, um den Reichtum des Landes zu schaffen, und sie erhalten kaum das Lebensminimum. Auch das muss beseitigt werden. Wenn nicht, wird es eine Gefahr in sich bergen für alles, was an der menschlichen Gesellschaft gut ist.

Ungleichheiten und Unausgeglichenheiten werden also beseitigt werden müssen, und dazu ist eine Revolution erforderlich; keine politische, sondern eine Revolution im Gemüt des Menschen – sodass er sich zu einem Wirklichen Menschen entwickeln kann. Diese Revolution kann erfolgreich durch diese Leute hervorgerufen werden (der Verteidigungsminister bezieht sich auf die verschiedenen spirituellen Führer und die heiligen Menschen auf dem Podium), die nichts zu verlieren und nichts zu gewinnen haben – nichts zu verlieren außer dem Unglück der Menschheit. Es ist daher sehr ermutigend, dass wir uns hier unter dem Schutz dieser weisen Menschen versammelt haben, die versucht haben, das Bewusstsein des Menschen zu wecken, damit er das Gute sehen und sich selbst vom Schlechten lossagen kann. Glücklicherweise erkennen die verschiedenen Gesellschaften der Welt allmählich, dass Unglück, gleich wo auf der Welt, eine mögliche Gefahr für das Wohlergehen überall in der Welt bildet.

Wie ich zu Beginn sagte, kam ich hierher, ein paar Worte zu sagen, nicht als Verteidigungsminister Indiens, sondern als ein Schüler der Wahrheit. Ich führte erfolgreich den Krieg mit Pakistan; aber sogar zu der Zeit, als ich nahe daran war, dem Angriff Pakistans zu begegnen, war immer ein Konflikt in mir. Es wird gesagt, dass der Krieg entmenschlicht, dass Krieg brutal macht, dass das Gemüt während der Kriegszeit all seine guten Eigenschaften verliert. Ich bat jedoch meine Soldaten und Offiziere, auch während der Kriegszeit bestimmte Gesetze der Menschlichkeit aufrechtzuerhalten. 

Ich sagte ihnen: 

Wenn ihr in das andere Land geht, behandelt jede Frau dieses Landes als eure Mutter oder Schwester – 

und sie taten es. Ich bin stolz auf meine Soldaten. Aber dann dachte ich daran, dass ein Geschoss meiner Soldaten oder der Soldaten von Pakistan eine unschuldige Mutter treffen könnte, die nichts mit dem Krieg zu tun hat, die vielleicht nicht einmal weiß, warum dieser Krieg in Gang gebracht wurde; oder ein Kind wird plötzlich von einem Geschoss getroffen und ist tot – kann es eine unmenschlichere Handlung geben als eine solche? Kann es eine größere Sünde geben als so etwas? Aber die aufgeklärten Menschen vieler Nationen frönen dieser Sünde, um die Vorherrschaft einer Nation über die andere herzustellen. Können diese Leute nicht zur Vernunft gebracht werden? Können wir diese Wahnsinnstaten nicht beenden? Und es kann von diesen Menschen vollbracht werden (den heiligen Menschen).

Lasst ein Schlagwort unter den Bürgern der verschiedenen Nationen verbreiten; lasst das Schlagwort lauten, dass es kein größeres Verbrechen gibt als den Krieg. Und ich sage dies als der Verteidigungsminister Indiens. Ich besitze all diese Vernichtungswaffen, und das muss ich, da ich die Grenzen Indiens zu sichern habe. Aber es ist immer ein Konflikt in mir. Ich werde immer versuchen, Kriege solange wie möglich fernzuhalten.

Die Auswirkung des heutigen Krieges ist örtlich nicht begrenzt; durch die Entwicklung der Wissenschaft und Technik, dadurch, dass die Wissenschaft die Begrenzungen von Raum und Zeit in einem großen Ausmaß überwunden hat, ist die Auswirkung des Krieges allumfassend. Wir haben gesehen, dass der Krieg zwischen Israel und den arabischen Ländern – ein Krieg in einer Ecke der Welt – sich auf die Bürger aller Länder der Welt ausgewirkt hat. Die Versorgungsschwierigkeiten mit Erdöl und dessen Produkten haben sich auf die Bürger Indiens in jeder Stadt ausgewirkt; sie haben die Menschen in Washington und New York, in Moskau und Peking, in allen Ländern Europas betroffen. Wenn wir also wissen, dass die Folgen des Krieges sich heute auf alle Bürger aller Länder der Welt auswirken – reicht das nicht aus, dass alle vernünftigen Menschen der Welt sich zusammentun, um Methoden auszuarbeiten, durch die der Krieg aus der vernünftigen menschlichen Gesellschaft ausgemerzt und entfernt werden kann?

Und ich meine, wenn alle Denker und Religionsführer der Welt es zu ihrem Glaubensbestandteil machen, dass es kein größeres Verbrechen als Krieg gibt, dann wird der Mensch vielleicht von einer besseren, einer glücklicheren Welt träumen, und er wird einen anderen Menschen für sein Ebenbild halten und ihn wie ein Mitglied seiner eigenen Familie behandeln. Die Ungleichheiten, Unterschiede und Unausgeglichenheiten, an denen die menschliche Gesellschaft heutzutage leidet, stehen der vollen Entwicklung des Menschen im Weg – ihretwegen konnte er seine volle Größe nicht erreichen. Die Unterdrücker leiden mehr als die Unterdrückten, die Ausbeuter leiden mehr als die Ausgebeuteten, und je eher diese Revolution zu uns kommt, desto eher wird die Entwicklung zum vollständigen Menschen stattfinden. Dann werden wir es würdigen, dass unsere Nachbarn dieselben Gefühle haben wie wir und dass das, was sie bedrückt, auch uns bedrückt. Wenn diese Revolution kommt, und sie kann durch das Lehren dieser Menschen kommen – dann hege ich keinen Zweifel, dass die Welt besser und glücklicher werden wird.

Nun, Freunde, ich bin glücklich, in der Gemeinschaft so vieler befreiter Seelen zu sein. Was man hier sieht, ist eine glänzende Schar von befreiten Seelen, und nach der Hindu-Überlieferung bescheren einem ein paar wenige Minuten in der Gemeinschaft befreiter Seelen Seligkeit. So bin ich glücklich, hier zu sein.

Mit diesen Worten erkläre ich diese erhabene Versammlung für eröffnet.